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Kapitel 3
...bevor alles Zerbricht...

Leise Schritte auf dem Flur lassen mich aufhorchen.
Ungewöhnlich ist es nicht, dass auch mitten in der Nacht noch jemand durch die Wohnung geistert. Ich kenne meine Schwester.
Trotzdem bin ich neugierig.
Ich lege den Füller zurück in mein Mäppchen und schleiche im Dunklen hinüber in die Küche.
Wie ich es erwartete brennt dort Licht.
Ich lehne mich in den Türrahmen und lasse meinen Blick auf Julia ruhen, die, das Gesicht in den Handflächen verborgen, am Esstisch sitzt.
Sie scheint mich nicht zu bemerken.
Vielleicht tut sie aber auch nur so als ob, weil sie nicht sagen will, wo sie wieder war. Manchmal macht sie das.
Diesmal aber nicht, ich sehe es ihr doch an…
Sie sieht nicht weil sie die ganze Nacht durchgefeiert hat so erschöpft aus, sondern eher müde vor Verzweiflung. Womöglich hat sie noch gar nicht geschlafen.
Ich will wissen, was los ist, aber ich weiß auch, dass es mir nicht gefallen wird, was auch immer es ist.
Sie lässt sich Zeit zu mir aufzusehen. Viel Zeit.
Dieser Blick, halb wütend, halb traurig - verzweifelt. Diesen gemischten Ausdruck in ihren Augen kenne ich nicht. Falsch; ich kannte ihn nicht. Er macht mir Angst.
Aber sie schweigt weiter. Schüttelt nur den Kopf und streicht sich die Harre aus dem Gesicht.
Weiter nichts.
Soll das alles sein?
Langsam ziehe ich einen Stuhl zurück uns setze mich ihr gegenüber.
„Sag’s mir. Bitte.“, flüstere ich.
Eigentlich müssten sich meine Gedanken überschlagen, aber ich bin ganz ruhig. Woher diese Gelassenheit kommt, weiß ich selbst nicht.
Bin ich jetzt schon so abgestumpft? Emotionslos?
Egal, Julia soll nun endlich mit der Sprache rausrücken.
Noch einen kurzen Moment zögert sie, fängt aber an, mir zu antworten.
Danke.
„Sie kommt nicht nach Hause.“ Sie schluckt schwer.
Ich schlucke auch.
Was soll ich darauf sagen?
Gar nichts. Ich kann gar nichts sagen.
Leise redet Julia weiter: „Sie ist noch nie über Nacht weggeblieben. Die ganze Nacht…“
Sie hat Recht. Meistens hat sie Recht.
Und ich?
Ihre Worte trafen mich mitten ins Herz.
Meine innere Ruhe schlägt plötzlich um. Aus Gelassenheit wird Machtlosigkeit, Enttäuschung, Wut, Hilflosigkeit… Ich könnte diese Reihe noch endlos vorsetzen.
Warum tut sie uns das an? Unsere Mutter… Wahrscheinlich hatten wir nie wirklich eine.
Ich weiß – Ich bin ihm immer gleichgültig gewesen. Nicht geplant, nicht gewünscht oder gewollt. Ein Unfall. Ich bin nie die Beste in irgendwas, nie die Hübscheste, bringe nie wirklich gute Leistungen. Einfach gesagt, ich bin keine Mustertochter.
Aber es geht doch nicht um mich. Das will ich doch gar nicht. Es geht um unsere ganze Familie. Um meine kleine Schwester. Saskia soll doch einfach Kind sein dürfen.
Ich weiß, wie es sich anfühlt wenn einem die Kindheit genommen wird. Niemand wird sie dir jemals zurückgeben.
Irgendwann wird sie fragen, warum wir ihr die heile Welt vorgespielt haben. Und was dann?
Das Bild von gestern Nachmittag taucht vor meinen Augen auf…
Der Sonnenuntergang, täuschend schön; die Alkoholflaschen, schmerzhaft real und Saskias Kinderlachen, ein Ausdruck von endloser Liebe.
Ich unterdrücke ein paar aufsteigende Tränen, will nicht, dass Julia denkt ich würde meiner Mutter hinterher weinen. Das tue ich nicht.
Julia sehe ich an, dass sie nicht mehr weiter weiß. Genauso wenig wie ich.
Sie fängt meinen Blick ein und eigentlich brauche ich überhaupt nichts sagen. Wir denken das Gleiche.
„Sollen wir sie suchen?“, frage ich. Etwas anderes fällt mir nicht ein.
Ich weiß genau, dass es sinnlos ist, sie könnte überall sein, aber ich will nichts dem Schicksal allein überlassen.
„Und wo willst du hin? Ich war drüben beim Sportheim. Alle Lichter aus.“
Ja, genau dahin will ich eigentlich hin. Vergebens, wenn Julia schon dort war. Es bringt also doch nichts.
„Dann müssen wir abwarten?“
Ich kann nicht mehr, als leise flüstern.
Nur ein tonloses Nicken bekomme ich zur Antwort. Das reicht.
Ich muss mich ablenken.
Es war doch nur eine Frage der Zeit, bis meine so genannte Mutter uns einfach hängen lässt. Sie macht es sich einfach zu Leicht.
Was habe ich eigentlich all die Jahre erwartet? Dass sie sich wirklich noch ändert? Niemals. Ich gebe es auf.
Man soll die Hoffnung auf Besserung niemals aufgeben, aber die Enttäuschungen treffen mich jedes Mal zu hart. Ich gebe es einfach auf.
Nicht um meinet Willen, sondern um Kräfte zusammeln und stärker zu werden um etwas zu unternehmen, damit unsere Familie nicht ganz unter geht. Und ich weiß, dass Julia auf meiner Seite steht.
Ich dachte immer wir wären unterschiedlich wie Tag und Nacht aber wenigstens in diesem Punkt ziehen wir am gleichen Strang.
Wir haben ja uns. Ein schwacher Trost, aber besser als allein zu sein.
„Was sollen wir jetzt machen? Ich kann nicht einfach hier rumsitzen und warten. Auf was auch immer…“, beschwere ich mich.
In Lächeln zeichnet sich in Julias Gesicht als sie erst mich und dann die Küchenzeile ansieht.
„Emily…“, sagt sich und tut als würde sie ernsthaft nachdenken, „Du kannst hier für Ordnung sorgen.“
Gesagt, getan. Sie drückt mir ein Trockentuch in die Hand, steht auf und lässt warmes Wasser ins Spülbecken laufen.
Die Küche, fällt mir jetzt erst auf, sieht aus als hätte man sie seit Wochen nicht aufgeräumt.
Jetzt muss ich auch lachen. Also folge ich meiner Schwester und beginne den Geschirrstapel der letzen Woche abzuwaschen.
Mitten in der Nacht. Oder doch schon morgens? Immerhin ist es schon fünf Uhr. Egal. Was ist schon Zeit?
Vorsichtig lege ich meine Hände in das viel zu heiße Spülwasser. Es schmerzt aber das stört mich überhaupt nicht. Im Gegenteil. Es tötet die Ungewissheit vor dem was da noch kommen soll. Kurz schließe ich die Augen.
Das ist genau das, was ich jetzt brauche.
Die Schmerzen die mir beweißen, dass es mich noch gibt. So sollte es nicht sein, das weiß ich. Aber ich kann mir nicht helfen.
Würde ich jetzt nicht abspülen müssen, würde ich sicher…
Nicht jetzt.
Ich fühle mich jedes Mal stolz, wenn ich der schmerzhaften Versuchung nicht nachgebe. Es gelingt mir nicht oft. Wahrscheinlich nützt es auch nichts, wenn ich meine Klinge einmal liegen lasse, aber… Ach ich weiß auch nicht. Ich will auch nicht mehr darüber nachdenken.
Ich will einmal ohne den Gedanken leben müssen.
Irgendwann will ich davon loskommen.
Aber wann? Bald?
Und wie?
An Tagen wie heute kann ich nicht anders. Irgendwie muss ich den Druck loswerden.
Das geht schon viel zu lange so. Vielleicht vier Jahre. Oder fünf. Es wurde zur Gewohnheit. So wie essen und schlafen.
Ich könnte auch sagen, es ist ein Teil von mir. Und wird es auch immer bleiben. Die Narben auf meinen Armen und Beinen werden ewig bleiben.
Ewig… Das ist schon verdammt lange.
Abwesend stelle ich einen sauberen Teller nach dem anderen auf einen Stapel und widme mich dann den Töpfen.
Wir schweigen, erledigen nebeneinander unsere Arbeit. Jede hängt ihren eigenen Gedanken nach.
Sicherlich hat Julia die gleichen Sorgen wie ich, aber wir reden so gut wie nie darüber. Genau genommen haben wir es auch nie versucht.
Unsere unterschiedlichen Ansichten führten meistens zu einem Streit, den eigentlich keiner wollte. Danach war alles nur noch schlimmer.
Ein endloser Kreislauf… Lieber lebe ich in meiner eigenen kleinen Welt in der mich niemand verletzen kann. Ich weiß gut genug wie sich Schmerzen anfühlen. Ich mache das mit mir selbst aus, wann immer ich es verdiene.
Heute wird mir nur einmal deutlicher bewusst, dass ich versagt habe.

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