Colors faded into D A R K N E S S
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Kapitel 8
...zwischen zwei Kapiteln....

Alles kommt mir wie ein unwirklicher Traum vor.
Ich stehe neben dem Kerl, den ich Woche um Woche unbedingt habe sehen wollen. Den ich für etwas ganz besonderes gehalten habe.
Von dem ich mir Tag für Tag vorstellte, wie er wohl aussähe, stünde er vor mir.
Wie er mit mir reden würde. Ich wollte den Klang seiner Stimme hören.
Wollte sein Lächeln sehen, die Farbe seiner Augen erkunden, riechen, welches Parfüm er trägt.
Ich wollte ihn einfach kennen lernen.
Die Geschichte einer wildfremden Person erfahren, von der ich nichts wusste außer, dass sie Montage hasst.
Jetzt kann ich ein Fazit ziehen.
Er ist auch nur ein Mensch wie jeder andere. Vielleicht nicht wie jeder, man muss ihn sich  nur ansehen. Aber um mich selbst nicht belügen zu müssen gestehe ich mir ein, dass er nicht an meine Erwartungen heranreicht.
Es ist absurd. Erwartungen hat man nur an etwas, was einem bereits vertraut ist. Entschlossen kehre ich diesem Gedanken den Rücken zu.

“Willst du mal ziehn?”, fragt Lukas mich nach kurzer Zeit, doch ich lehne dankend ab. “Rauchst du manchmal?”
“Nein, nie.”, antworte ich und versuche dabei so desinteressiert wie möglich zu klingen.
Insgeheim sehe ich jedoch die Bilder meines Schulalltages vor mir und wünsche mir, auf der anderen Seite der niedrigen Mauer, zwischen all den beliebten Mädchen zu stehen und eine Zigarette angeboten zu bekommen.
In diesem Fall hätte ich sicher nicht abgelehnt.
Doch jetzt bleibe ich standhaft und warte, bis Lukas den Glimmstängel auf das Kopfsteinpflaster wirft und ihn austritt. Ich bin ich geradezu dankbar dafür, dass er mich nicht noch ein zweites Mal gefragt hat. Sonst hätte ich womöglich noch eines meiner Prinzipien gebrochen.
“Und jetzt? Musst du nach Hause?”, erkundigt sich Lukas weiter.
“Äh, ja.”, sage ich spontan und tue, als würde ich dies bedauern. “Du hast sicher auch noch ein paar Dinge zu erledigen, nicht wahr?”
“Ja, meinen Vater anrufen und mir Zimmer suchen.”
Na Gott sei Dank, das ist die perfekte Gelegenheit mich ohne weitere Erklärungen aus der Affäre zu ziehen. Ich weiß nicht, was noch alles kommt, aber mir ist klar, dass mein Lügengerüst nicht mehr lange standhalten wird. Es ist besser wenn ich verschwinde. Vielleicht schaffe ich es dann noch zu den letzen drei Schulstunden.
“Gut, ich muss nämlich auch noch etwas erledigen, also… Jedenfalls vielen Dank für die Pizza und… für’s zuhören.” Schnell drehe ich mich um und will gehen.
“Hey und was ist jetzt? Lässt du mich einfach so stehen?”
Er scheint wirklich verwundert zu sein. Ich sehe ihn noch einmal an und weiß nicht, ob ich zurückgehen oder einfach weglaufen soll.
Seltsamer Weise spüre ich rein gar nichts, was mich daran hindert, ihn nicht zurück zu lassen. Er wird schon zurecht kommen. Viel helfen kann ich ihm ohnehin nicht.
“Ich muss.”, sage ich entschlossen, aber schenke ihm dennoch ein kleines Lächeln.
Tatsächlich bin ich mir sicher das Richtige zu tun.

Ich renne ein paar Straßen weiter, nur um sicher zu gehen, dass er mir nicht folgt. Dann suche ich die nächst gelegenen Bushaltestelle auf um direkt zur Schule zu fahren. Ein Blick auf meine Armbanduhr verrät, dass ich noch circa zehn Minuten warten muss.
Meine Gedanken kreisen jedoch weiter um die Begegnung mit Lukas.
Es ist wie ein altes Märchen.
Ein unschuldiges, armes Mädchen trifft zufällig auf einen reichen Prinzen.
Er spielt den coole Helden, sie die Geheimnisvolle.
Sie lernen sich kenn. Lieben. Heiraten und bekommen Kinder.
Der Gedanke strotzt nur so vor Ironie und Sarkasmus.
Wie können Menschen nur so am Leben vorbei sehen? Denken sie denn nie nach?
Die Gegenwart beweist mir deutlich Anderes und die Vergangenheit hat mich schon lange eines Besseren belehrt.
Ich denke noch eine Weile darüber nach, warum ausgerechnet heute die Zugverbindung zum erliegen kam. Das Jahr hat noch 364 weitere Tage.
Warum bin ich nicht gleich wieder gegangen, sonder saß wie bestellt und nicht abgeholt auf dieser Bank? Warum stand Lukas hinter mir, und sprach mich beiläufig an? Und was zum Teufel hat mich geritten, als ich einwilligte ihm Gesellschaft zu leisten.
Ich entscheide, dass es Schicksal war. An Zufälle glaube ich nicht. Alles andere war reine Dummheit und unüberlegtes Handeln meinerseits. So etwas kommt dabei heraus, wenn man nicht rational denkt. Für die Zukunft werde ich es mir merken.
Doch andersherum gedacht.
Was kann das alles für diese Zukunft bedeuten? Ändert es irgendetwas?
So unbedeutend es erscheinen mag; Kein Mensch lebt und handelt auf dieser Welt ohne Spuren zu hinterlassen. Spuren wie Rechnungen und Termine, eine Sterbeurkunde. Aber auch Spuren wie Versprechungen und Erinnerungen, eine unschließbare Lücke im Leben anderer.
Erst wenn sich eine Person auf seine ganz persönliche Art und Weiße einen Platz in unserem Herzen erkämpft hat, wird sie unvergesslich.
Doch wenn schon, wen kümmert so etwas?

Als der Bus kommt steige ich in Gedanken versunken ein und einige Stationen später wieder aus. An der Schule angekommen läutet es gerade zur vierten Stunde.
Ich beeile mich ins Gebäude zu kommen und laufe zwischen all den anderen Schülern, die gerade das Klassenzimmer wechseln, hinauf in den ersten Stock.
Wir haben jetzt Biologie. Ein Fach, welches mich eigentlich gar nicht interessiert.
Als ich durch die Schwingtür trete sehe ich Christin zusammen mit Tobias auf dem Gang stehen. Die Beiden scheinen nichts wichtiges zu besprechen, denn als Christin mich sieht kommt sie sofort auf mich zu und umart mich überschwänglich.
“Scheiße Emily, wo warst du denn, ich hab dich schon vermisst!”, begrüßt sie mich und zerrt mich in den Unterrichtsraum.
“Entschuldige.”, murmle ich und lege mein Unterrichtsmaterial auf meinen Tisch in der ersten Reihe.
“Wo warst du denn?”
Ich weiß nicht, ob ich ihr antworten soll. Doch sie hat es verdient, dass ich ihr die Wahrheit sage. Nervös greife ich nach einem Stift und klopfe damit auf mein Handgelenk.
Als ob das etwas helfen würde.
“Ich war am Bahnhof.”, gestehe ich dann kleinlaut. “Kannst du dich noch an den Typen von damals erinnern? Der mit den Montagen?”
“Ja, ein bisschen. Was ist mit dem?”
“Ich habe ihn getroffen. Vorhin.”
Etwas beschönigt hört sich die ganze Sache nicht mehr so spektakulär an und es fällt mir leichter davon zu erzählen.
Christin scheint Feuer und Flamme zu sein. Sie will mehr erfahren, fragt nach seinem Namen, wie ich ihn finde und ob wir uns wieder sehen werden. Dennoch glaubt sie mir mit keiner Silbe, dass es kein Date war.
“Lukas also, aha. Klingt ja gut. Und ihr seht euch nie mehr? Schade, ich…”
“Wie denn, wenn er nach Dublin geht?”
“Ich hätte trotzdem gerne gesehen wegen wem du die Schule schwänzt.”
Wäre diese Bemerkung nicht aus ihrem Mund gekommen würde ich sie sicher ernst nehmen. So sehe ich es als banalen Scherz an.
Da wir nicht die Ersten im Zimmer sind mischt sich mit einem Mal Jennifer über ihren Tisch hinweg ein. Sie muss uns belauscht haben, Sensationsgeil wie sie ist!
“Ja stimmt, unser Schäfchen war heute ja abgängig.”
Ihr laute Stimme weckt das Interesse der gesamten letzten Reihe die mir nun alle ihre volle Aufmerksamkeit widmen.
“Na los erzähl mal, Schäfchen, wer ist Lukas?”, gibt Jennifer der Meute neuen Züntstoff, woraufhin ihre ständigen Begleiterinnen Mirjam und Ramona übertrieben laut kichern. Hinter vorgehaltener Hand geben sie das Gehörte an die Jungs weiter, die sofort in das Gelächter einstimmen.
Mein Hals schnürt sich zu und als ich zur Gegenwehr ansetzten will bringe ich kein Wort über die Lippen. Eingeschüchtert streiche ich mir die Haare hinter die Ohren und lächle verlegen.
“Niemand.”, zwinge ich mich zu sagen und drehe mich um.
Ich bin niemandem Rechenschaft schuldig, weder über das, was ich tue, noch über das, was ich nicht tue.
Als der Unterricht beginnt versuche ich mich so gut es geht zu konzentrieren. Auch wenn mich die Gewinnung von Insulin nicht interessiert zeichne sorgfältig das Tafelbild ab. Eine willkommene Ablenkung.
Christin und ich schweigen uns die Stunde über an. Ab und zu wirft sie mir einen mitleidigen Blick zu. Das ist aber auch schon alles.

Die Pause verbringe ich alleine in einer Toilettenkabine.
Die ganze Zeit über werde ich das Gefühl nicht los, dass man hinter meinem Rücken über mich redet, lacht und die Wahrheit neu erfindet.
Paranoid. Vielleicht auch nicht.
So muss sich ein Kaninchen, von Hunden bei der Jagd halb zu tote gehetzt und in die Enge getrieben, fühlen. Wartend auf den erlösenden Schuss.
Doch tiefer als das kränkende Gelästerte trifft mich Christins Verhalten. Als Freundin habe ich mehr von ihr erwartet. Sie hätte irgendetwas sagen können. Nichts zu meiner Verteidigung. Nur irgendetwas.
Für einen Moment zweifle ich an ihrer Freundschaft. Spinnerei!

Nach der Schule warte ich nicht auf meine Freundin, sonder beeile mich schnell nach Hause zu kommen. Für heute möchte ich mit niemandem mehr reden.
Ich fühle mich müde. Sehr viel müder als an anderen Nachmittagen.
Wie ferngesteuert laufe ich den Gehweg entlang
>>Ich glaub ich weis, was da alles drin steckt. Aber ich kann mir nicht annähernd erklären was darin vorgeht.<< Lukas’ Worte gehen mir wieder und wieder durch den Kopf.
Noch einmal höre ich Jennifer abfällig klingende Stimme >>Wer ist Lukas?<<
“Niemand.”, flüstere ich ins Nichts hinein.
Dieser lang ersehnte Montag hat seinen Glanz verloren.
Und es wird keinen Montag mehr geben, der so wird wie die vorigen.
Die Vorfreude, die aufregende Erwartung, ich werde sie noch lange in Erinnerung behalten. Es ist schon seltsam, gestehe ich mir ein, wie schnell und unverhofft sich die Dinge ändern können und man wieder bei Null anfangen muss.
Doch ich will nicht schwarzmalerisch sein. Man muss auch die guten Seiten eines jeden Ereignisses betrachten.
Zum Beispiel habe ich viel aus dem heutigen Tag gelernt.
Nein, diesen Gedanken kann ich vergessen!
Ich habe nichts Neues gelernt, sondern mir nur selbst bestätigt, dass ich mir nicht trauen kann und mich schon bei kleinsten Konfrontationen in mein Schneckenhaus zurückziehe.
Keine besonders positive Bilanz um ein neues Kapitel zu beginnen.
Ich tröste mich damit, dass es nicht das Letzte sein wird, während ich seufzend die Haustür aufschließe.

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