Colors faded into D A R K N E S S
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Kapitel 6
...zwischen Zufällen und Schicksal...

Unauffällig Stelle ich mich an eine Säule, so dass ich ihn von der Seite beobachten kann und dabei die große Uhr im Blick habe, die, wie ich mir einbilde, heute besonders Laut tickt. Oder fällt mir das nur auf, weil mir heute alte Gewohnheiten besonders auffallen?
Ich glaube sogar, dass er heute irgendwie anders gekleidet ist und obwohl ich nicht viel erkenne, denke ich, dass er sich mit seinen Haaren heute besonders viel Mühe gegen hat. Kinderkram. Es ist vollkommen egal.

Meine Aufmerksam fällt zurück auf die Uhr und deren Sekundenzeiger den ich in Gedanken beinahe anflehte, sich in die andere Richtung zu drehen. In abgehackten Sprüngen zieht er seine Runden und gibt mir das seltsame Gefühl, als würde es mich wieder einmal nicht geben.
Es dauert nicht mehr lange und die neun Minuten hoffnungsvolles Glücksgefühl wurden durch ein drückendes Gefühl in meinem Magen vertrieben.
Der Zug fährt ein, und er steht in einer fließenden Bewegung, die ich mir mit der Zeit so eingeprägt hatte, dass ich schon versuche sie zu imitieren, auf. Ich stehe mit einem gewissen Abstand dahinter.
Ein Schaffner und einige Fahrgäste steigen aus und andere warten hineingelassen zu werden. Ebenfalls eine Szene die ich schon kenne und mir immer wieder vorstelle, wie es wäre ebenfall mit in einem dieser Abteile zu sitzen und die immer heller werdende Landschaft an mir vorbeiziehen zu sehen.
Wie es wohl wäre, alles hinter mir sterben zu lassen? Meine Energie auf das zu Richten, wonach ich mich wirklich sehne, auch wenn ich noch nicht weiß, was genau das sein mag.
Es wäre nur ein Abschied. Es wird still in mir. Einen Moment stelle ich mir vor, wie es wäre, mein Leben hinter mir zu lassen.
Aber bin ich denn nicht schon lange weit weg?

Mein Verstand versucht mir einzureden, dass die Realität anders aussieht, als das, was mein Herz mir versucht vorzuspielen. Ich klammere mich an Illusionen und wundere mich im Nachhinein, dass ich enttäuscht werde.
Ich bin keine Optimistin mehr.
Auch keine richtige Pessimisten. Und Realistin - Nein, sowieso nicht.
Viel mehr eine Träumerin. Ich baue Luftschlösser in einer Seifenblasenwelt. Das trifft es sehr gut. Die Türen des Zuges schließen sich zischend und ich sehe ein letztes Mal in seine Richtung.
Aber was…?
Zweimal sehe ich hin und wundere mich über die Szene die nach dem Drehbuch in meinem Kopf ganz anders aussehen müsse.
Alle Passagiere die eigentlich in den Wagon steigen müssten stehen fragend vor verschlossenen Abteilen.
Sie verstehen nicht, genauso wenig wie ich, als auch schon ein Angestellter der Bahn die Treppen hinaufgeeilt kommt und versucht die Fahrgäste zu beruhigen und vermutlich die Situation aufklärt. Alle schütteln sie mit den Köpfen, sehen sich noch ratloser an als vor einigen Minuten und reden hörbar aufgebracht durcheinander.
Dann ist plötzlich alles vorbei. Achsezucken, verwirrt und teilweise mit wütenden Gesichtern verläuft sich die beschauliche Menge auf dem Bahnhofgelände.
Der Zug, dem ich jetzt eigentlich mit gemischten Gefühlen nachsehen würde um dann hektisch den Weg zurück zur Schule zu laufen, bleibt stehen ohne sich noch irgendwie zu rühren. Genau wie ich.
Ich weiß nicht was ich tun soll. Loslaufen um pünktlich zum Unterricht zu erscheinen, das wäre wohl das einzig Vernünftige!
Aber nein. Ich starre auf die leere Bank, starre in die Leere vor mir und warte auf etwas, das mir sagt was ich tun soll und frage mich, was ich hier eigentlich überhaupt mache.
Ich müsste nicht hier sein. Es ist total sinnlos hier zu sein. Wahrscheinlich könnte ich gar nicht deplazierter wirken.
“Entschuldigung, kann ich Ihnen helfen?”, werde ich von hinten angesprochen und zucke erschrocken zusammen, “Sie haben sicher gehört, wir haben einen größeren Schaden an den Gleisen. Der Zugverkehr wird bis heute Nachmittag wohl ganz ausfallen müssen. Für andere Reisemöglichkeiten wenden Sie sich doch bitte an das Personal am Schalter. Die helfen Ihnen gerne weiter.”
“Ich… ja. Da kann man wohl nichts ändern.”, nicke ich perplex, lächle verständnisvoll und gehe zielstrebig in Richtung Treppenunterführung. Anscheinend bin ich die letzte, die noch auf dem Bahnsteig steht.
Nun ja, wenn “mein” Zug - den es nie gegeben hat - heute nicht fahren kann, dann kann auch kein anderer heute mehr fahren.
Meine Chance.
Schnell bin ich wieder in im Bahnhofsgebäude und sehe mich spähend um. Vielleicht ist er noch hier. Wo sollte er denn auch hin sein?
Doch zu meiner Ernüchterung kann ich ihn nirgends entdecken. Ich schüttle den Kopf und sehe auf die Uhr. Pünktlich zur ersten Stunde schaffe ich jetzt ohnehin nicht mehr. Also ist es egal, ob ich noch ein paar Minuten länger hier vergeude.

So langsam dämmert mir, dass ich einem Phantom hinterher renne. Er weiß weder, dass ich existiere, noch dass ich weiß, dass es ihn gibt. Und wie jeden normalen Menschen dürfte ihn das auch nicht sonderlich interessieren. Ich kenne ihn nicht. Er kennt mich nicht. Punkt. Damit müsste ich mich abfinden.

Das muss aufhören! Ich kann nicht wegen einem mysteriösen Fremden in dunkler Kapuzenjacke die Schule schwänze, nur weil ich mir einbilde dadurch irgendwann glücklich zu werden.
Vielleicht in einem anderen Leben.
Dieses Wunschdenken und ich - wir führen eine Hassliebe.
Ich kann es nicht ertragen. Ich will es nicht ertragen müssen, das Gefühl immer nur das zu bekommen, was man nicht will, das zu haben, was man nicht braucht und zu wollen, was für immer erreichbar sein wird. Und das Schlimmste ist, dass ich genauso wenig ohne es leben kann. Es gibt mir Hoffnung, hält mich am Leben, gibt mir jeden Tag neue Kraft.

Frustrierter als an allen anderen Montagmorgen die ich hier schon verbrachte, setzte ich mich auf eine dunkelrot gepolsterte Bank, die sich auf einer Seite des Foyers erschreckte.
Wie so oft in letzter Zeit spielen meine Gedanken mit mir, als wäre ich eine Puppe. Jede Kleinigkeit wirft mich aus der Bahn und ich weiß mir nicht zu Helfen. Wahrscheinlich bin ich momentan genau das, was landläufig als ‘Hoffnungsloser Fall’ bezeichnet wird.
Verdammte Scheiße!, denke ich nur.

“Wie nett.”
Ruckartig lässt die unbekannte Stimme mich herumfahren. Mein Herz setzt einen Schlag aus. “Was…?”, frage ich irritiert.
Es ist mit Sicherheit nicht das Schicksal, welches mich in die braunen Rehaugen meines Phantoms blicken lässt.
Denn das Schicksal hat es noch nie gut mit mir gemeint.
Erschrocken sehe ich zu Boden. Das durfte um Gottes Willen nicht wahr sein!
War es nicht genau DAS was ich wollte? Ich müsste schreien vor Glück!.
Oh nein, ich werde mir mit Sicherheit nie mehr etwas wünschen!
Anscheinend steht mir meine Verwirrung deutlich ins Gesicht geschrieben.
“Entschuldigung. Es tut mit leid, normalerweise rede ich nicht so.”, murmele ich schüchtern, weil mir absolut gar nichts einfällt, das ich sagen könnte.
Für den Moment scheint es besser als gar nichts, denn er weiß wohl auch nicht, von was ich gerade spreche. Warum ich mich entschuldige.

Stattdessen lächelt er unter seinem zu lang geratenen Pony hervor. “Schon okay. Ich bin da nicht so penibel.”
Schüchtern streiche ich mir die Haare hinter die Ohren und versuche, ihm einen möglichst gelassenen Blick zu schenken. Automatisch überkreuze ich dabei auch noch meine Beine übereinander.
Dennoch fühle ich mich eher zerbrechlich als selbstsicher. Und ja, ich merke, dass es ihm auffällt, wie unangenehm mir die Situation ist.
“Geht es dir nicht gut?”
“Ach, weißt du…” ‘Vergiss es, Emily, du weißt selbst nicht, was du hier tust oder willst. Du verabschiedest dich und gehst zur Schule.’, will ich mir einreden, doch an Stelle dessen beschließe ich, über meinen Schatten zu springen. “Es ist nichts.”, rede ich weiter und versuche ihn anzusehen, “Ich sitze nur hier fest. Das macht nicht sonderlich gute Laune wenn man… einen Termin hat.”
Gut, das war gelogen. Zumindest zu Hälfte.
Der erste Satz, den er aus meinem Mund hört, ist eine Lüge.
Halleluja, wie soll das enden?
“Dann geht es dir wie mir. Wo musst du denn hin?”
Ohne weiter darüber nachzudenken, welche Märchen ich ihm eigentlich auftische, verstricke ich mich weiter in mein Netz.
“Zu einer Freundin. Sie… hat einige Probleme und braucht ein wenig Hilfe.”
Ich kann kaum fassen, was ich hier von mir gebe!
Und noch weniger begreiflich ist mir, dass ich mich dabei nicht schlecht fühle. Doch er zeigt Interesse an dem was ich sage.
“Oh, dann trifft es dich ja schlimmer als mich. Ich muss zwar zur Uni, aber tragisch ist es nicht, wenn ich einmal fehle.”

Am Liebsten würde ich jetzt auf die Stop-Taste drücken. Ich fasse es einfach nicht!
Seit Wochen laufe ich diesem Kerl hinterher. Er ist wohl nett und ja, er hat etwas, das mich magisch anzieht. Dazu ist er anscheinend auch noch gebildet und kein Stück arrogant. Das kann nicht sein!
Und ich lüge. Warum tue ich das?
Diese schöne Gefühl, welches ich immer spüre, wenn ich am Treppenaufgang auf dem weg zum Bahnhof bin, verwandelt sich in eine schwarze, emotionale Welle.
Ich weiß nicht, was ich jetzt tun soll. Ich stehe mir wie immer selbst im Weg.
Die Wahrheit sagen wäre eine Lösung- zumindest von jetzt an.
“Du siehst wirklich nicht gut aus.”, stellt er besorgt fest “Möchtest du einen Schluck Wasser?”
Ohne eine Antwort abzuwarten steht er auf und geht in die kleine Bäckerei gleich gegenüber der Bank auf der ich sitze. Dann reicht er mir eine Flasche Mineralwasser, die ich auch danken annehme.
“Jetzt schulde ich dir aber was.” Vorsichtig ringe ich mich zu einem Lächeln durch und nehme einen kleinen Schluck.
“Nicht der rede wert.”, winkt er großzügig ab “Aber du kannst mir deinen Namen sagen.”
“Emily”
“Nett. Ich heiße Lukas.”
Erleichtert darüber, dass das Gespräch einen banalen Charakter gefunden hatte, kann ich meine Frage dennoch nicht länger zurückhalten.
“Darf ich fragen, warum du… so zu mir bist?”
“Warum ich wie bin?”
“So… Nett. Irgendwie offen.”
“Stört dich das?”
“Nein, nein.”, wehre ich schnell ab. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Ich hatte beschlossen ehrlich zu sein, also will ich auch daran festhalten.
“Ich bin nur von Natur aus misstrauisch.”, gestehe ich “Und wie dich kenne ich weiter niemanden.”
Offensichtlich irritiert sieht er mich an. “Jemanden wie mich? Was meinst du damit?”
Schamesröte steigt mit ins Gesicht, das kann ich spüren. Mir wird heiß unter meinem Shirt und ich weiß nicht, wie ich ausdrücken soll was ich meine, ohne ihm auf die Füße zu treten.
“Ich wollte sagen, ich kenne niemanden, der so offen auf Fremde zugeht wie du.”
Es scheint ihn zu amüsieren wie ich mich in meiner eigenen Unsicherheit winde und nach Worten suche, denn er grinst fast etwas mitleidig zu mir hinunter, ehe er sich neben mich setzt.
“Und du kennst keinen Kerl, der Röhrenjeans trägt sich schminkt und schwarz gekleidet ist. Sag es ruhig.” Seine Stimme klingt so ruhig, das es mir fast schon unheimlich ist. Es ist wie die Ruhe vor dem Sturm. Gleich wird er sagen ich sei nicht sein Niveau, hätte Vorurteile und wäre wie alle anderen.
Doch das tut er nicht. Nein, er macht es sie viel mehr neben mir bequem und öffnet seine Cola.
Wir schweigen uns an. Ich werde verlegen. Für ihn scheint es normal zu sein in Bahnhofhallen zu sitzen und nichts zu tun.
Nach einer Weile entspanne ich mich so jedoch und seufze leise.
“Was wirst du jetzt tun?”, frage ich ihn. “Kannst du nicht irgendwo hin?”
“Keine Ahnung. Hab noch nicht drüber nachgedacht.”
“Dann solltest du es aber tun. Es ist nämlich nicht so das Wahre, am Bahnhof zu übernachten.” Kaum zu glauben. Ich sehe mich selbst meist kritisch, bin mehr als vorsichtig und vertraue nicht einmal meinem Spiegelbild
Doch ich werde das Gefühl nicht los, rein gar nichts falsch machen zu können, selbst wenn sich die Welt noch dreimal gegen mich wenden würde.
Nach und nach versuche ich, meine Zweifel abzuschütteln und werde gesprächiger.
“Wohnst du denn nicht hier? Irgendwo musst du ja herkommen.”
“Nein, ich wohne weit, weit weg. Ich besuche nur jedes Wochenende meine Großeltern hier.”
Ich nicke und lächle verständnisvoll. “Dann ist das doch kein Problem. Kannst du nicht bei ihnen schlafen? Die eine Nacht?”
Die Grübchen, die Lukas’ gleichmäßige Wangen zeichneten glätteten sich und er wurde ernst. “Nein.”, begann er zu erzählen, wobei er mich etwas seltsam ansah “Sie leben in einem Pflegeheim. Seit meine Eltern nicht mehr hier leben ist das die beste Möglichkeit. Ich hab nur einen besonderen Bezug zu ihnen und bin gerne für sie da. Ich übernachte dann immer im Hostel, da kommt man am günstigsten weg. Da werde ich auch heute schlafen können, schätze ich.”
“Sicherlich. Ich verstehe was du meinst.”, bestätige ich seine Worte und fange an nachzudenken.
Mir fallen Parallelen auf, zwischen dem was er sagte und dem, wie es mir geht.
Wegen seiner Familie kehrt er hierher zurück. Weil er seine Großeltern liebt und sie nicht im Stich lassen will, so wie es die getan haben, deren Pflicht es wäre sich um deren Wohl zu kümmern.
Er will nicht loslassen. Er kann nicht gehen.
Noch nie habe ich so etwas erlebt. Jemanden kennen gelernt, von dem ich weiß, wie er sich fühlt ohne ihn zu kennen. Ist es das, was mir meine Schüchternheit nimmt?

Hey Dear!  
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